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Bergitta Victor
Biography
"Als Mensch und als Musikerin bin ich stetig auf Reisen und werde es immer sein, niemals verweile ich lange an einem Ort". Bergitta Victors Bekenntnis zum Nomadentum spiegelt sich stets in ihren Songs wider, und es macht sie zu einem ganz besonderen Erlebnis für ihre Hörer. Auf ihrem dritten Album erzählt die Weltbürgerin von den Seychellen mit einer satten Portion kreolischer Lebensfreude, fragilen Folkpopminiaturen und handfestem Roots Reggae von diesen Reisen, macht Station bei bezaubernden bis wehmütigen Liebesliedern, bei der großen Politik und bei intimen Seelenzuständen.
Wir alle haben ein äußeres und ein inneres Logbuch, und manche von uns nehmen den inneren Weg stärker wahr. Dass Bergitta Victor sich immer unterwegs fühlt, hat natürlich auch mit ihrer Vita zu tun. Geboren auf den Seychellen, einige Jahre in Tansania, zurück aufs Archipel im Indischen Ozean und dann in die Schweiz - diese Odyssee prägt sie bereits als Kind. In der Zürcher Wahlheimat taucht sie als Teenagerin in den Pop der Achtziger ein, entdeckt die neuen akustischen Frauen um Tracy Chapman, beginnt selbst zu singen, in der Band ihres Bruders. Doch ein längeres Gastspiel in der Gastronomie unterbricht die musikalischen Ambitionen - die danach mit umso mehr Selbstbewusstsein aufblühen, am neuen Standort Berlin.
"Sesel" hieß vor vier Jahren Bergitta Victors erstes Statement auf Jazzhaus Records, ein von Calypso bis Funk groovendes Debüt mit vielen emotionalen Zwischentönen und zugleich Ode an die Heimat, gefolgt vom entspannten, luftig-poppigen "So Happy" im Jahre 2011. Die zierliche Frau mit der hellen und doch so kraftgeladenen, seelenvollen Stimme hat sich durch diese beiden Werke und durch ihre intensiven Konzerte Fans von den Seychellen bis in die Schweiz, von Berlin bis Japan erobert. Mit "On A Journey" führt sie die beiden Vorgänger nun in einer cleveren Synthese zusammen: Sie klingt reifer, ausgefeilter, spielt souverän auf der Klaviatur von Afro-Grooves, kreolischen Rhythmen, Reggae und universell verständlichen Balladentönen. "Es ist das erste Album, für das ich selbst richtig Songs geschrieben habe, denn ich habe gelernt Gitarre zu spielen, und das hat den Kompositionsprozess sehr vereinfacht. Früher konnte ich meinen Musikern nur vorsummen, was ich mir vorstellte!", schmunzelt Bergitta.
"On A Journey" kehrt unverkennbar eine neue Facette ihrer Talente hervor: "Die Initialzündung für dieses Album bestand darin, dass ich mehr in Richtung eines akustischen Afropops à la Lokua Kanza gehe", erklärt sie. "Denn das ist der Stil, in dem es mir am meisten Spaß macht, mit den Vocals zu spielen." Zu diesen smoothen Grooves mit den sanften Stimmenschichtungen gruppiert sie Texte in ihrer Muttersprache Kreolisch, einer der geschmeidigsten Varianten der kreolischen Sprachfamilie. "Si Ler Ou Ek Mwan" ("Wenn du bei mir bist"), "Zoli Melodi" oder gleich der Opener "Protez Nou Langaz Kreol" bilden den Kern dieser neuen afro-kreolischen Ausrichtung, drei bezwingende Ohrwürmer, die man gar nicht mehr los wird, nicht mehr los werden will. Das Eröffnungsstück über dem lebhaften, traditionellen Dreierrhythmus Sega ist zugleich eine eindringliche Mahnung an die Bewahrung des Kreolischen - und hier schlägt ihre Kompassnadel nicht nur auf die Seychellen aus: "In den Heimatländern der Kreolen wird zunehmend alles anglisiert. Zum Glück hat man vor ein paar Jahren auf den Seychellen eingeführt, dass Kreolisch in der Schule gelehrt wird. Der Song steht dafür, dass ich meinen Ursprung nicht vergessen will."
Kreolische Lebensweise reicht vom Indischen Ozean bis hinüber in die Karibik. Ihr Zusammengehörigkeitsgefühl mit dem dortigen Kulturraum hat Bergitta Victor auch in den grandiosen Roots Reggae-Stücken "Stay With Me" und "I Don’t Mind" zum Ausdruck gebracht, während in ""Koz Laverite" ein deutlicher Gruß an kubanische Rhythmen herausgelauscht werden kann. Und dann sind da die filigranen Folkgebilde, in denen Stimme und Gitarre im Zentrum stehen: Das gemächlich schlendernde "Free As Can Be" (zugleich die erste Single), die wunderbare Tagträumerei "Sitting On A Tree", das soulige "When I Think Of You".
Eingespielt hat Bergitta Victor ihr drittes Werk in Zürich, flankiert von ihren vertrauten Bandmusikern, die dieses Mal um einige dezente Gastauftritte bereichert wurden. Der Zürcher Gitarrist Roman Hosek, begehrter Sessionmann und Saitenzauberer der Formation Chamber Soul, hat viele brillante Improvisationsmomente in den Tracks hinterlassen, ein melancholisch singendes Cello tritt in Gestalt von Daniel Pezzotti hervor, Amik Guerra flicht ein keckes Flügelhornsolo ein. Für "United" hat sich Bergitta die schillernde R&B-Kollegin Jaqee aus Schweden ins Boot geholt – zusammen intonieren die beiden eine resolute Anklage an die verklausulierte Sprache von Politikern. Größte Gastüberraschung: Mit dem Kameruner Blick Bassy ist ein fulminanter Songschmied im Aufgebot, der für "Zoli Melodi" die Feder schwang und mit seiner unverwechselbaren Stimme und Gitarre smarten Feinschliff beigesteuert hat.
"On A Journey" dürfte als gefühlvolles und gereiftes Reisetagebuch einer der kleinen Glücksfälle des Sommers 2013 werden.